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Hans-Joachim Koenen
Ziegeleien in Gelsenkirchen Eine Spurensuche, Teil 1 Juli 2024
Der Heimatforscher Hans-Joachim Koenen, Autor mehrerer unserer Themenhefte zu „Gelsenkirchen in alter und neuer Zeit“, hat sich nun den Ziegeleien in Gelsenkirchen zugewandt – eine umfangreiche Aufgabe, denn, schaut man sich altere Stadtpläne an, so überrascht die hohe Anzahl dieser Baustofflieferanten vor über 100 Jahren. Von den ehemals vorhandenen Ringöfen und den zugehörigen Baulichkeiten wie Maschinenh äuser und Wohnunterkünfte der Ziegeleiarbeiter ist in Gelsenkirchen, im Gegensatz zu Bauten der Montan- und Stahlindustrie, nichts mehr vorhanden. Die Recherche gestaltete sich äußerst schwierig. Über die immer schon bis zum Ende des 19. Jahrhunderts vorhandenen Feldbrandziegeleien gab es so gut wie keine Zeugnisse. Erst die Erfindung des Ringofens und die mit dem Bau dieses Typs „Industrie-Gebäude“ verbundenen bürokratischen Hürden, die Bauanträge und Baugenehmigungen erforderlich machten, entstanden Bauakten. Leider ist ein Großteil dieser Akten zu Bauten privater Bauherren nicht erhalten geblieben. Nur eine geringe Anzahl findet sich im Stadtarchiv Gelsenkirchen. Akten zu den Zechenziegeleien sind dagegen noch größtenteils einsehbar. Diesem Mangel an Überlieferungen begegnete Koenen mit der Durchsicht historischer Zeitungen unter zeitpunkt.nrw. Seine akribische Arbeit hat zur Lokalisierung von gut 50 Ziegeleien mit über 60 Ringöfen geführt. „Dass ich schließlich so viele Ziegeleien und Ringöfen in Gelsenkirchen finden würde, hatte ich anfangs nicht vermutet,“ sagt Koenen. „Umso glücklicher hat mich daher dieses Ergebnis gemacht.“ Im Laufe unermüdlicher Forschungen sammelte er so viel spannendes Material, dass er gleich zwei Hefte schuf.
Susanne Abeck in „Forum Geschichtskultur Ruhr“ Heft 2/2024
Teil 1 (Heft 38) liefert zunächst einen historischen Überblick über das Ziegeleiwesen von der vorindustriellen Zeit bis zur Sprengung des letzten Schornsteins mit der die Geschichte der Ziegeleien in Gelsenkirchen 1991 zu Ende ging. Leicht verständlich erklärt der ehemalige Ingenieur für Industrie- and Anlagenbau den technischen Fortschritt und anhand von Kartenausschnitten, Adressbucheinträgen, Anzeigen, Postkarten und Fotos bringt er uns alte Zeiten spürbar nah. Von spannenden Auszügen aus Büchern, Zeitungen und anderen Quellen lernen wir etwa wie ein Ringofen funktionierte oder wie das Rohmaterial im „Pendelverkehr zwischen Lehmgrube und Ziegelei“ transportiert wurde. „Früher holte man den Lehm mit einem Pferdegespann aus der nahen Lehmgrube.“ Später musste „der gute Gaul […] der Zweckmäßigkeit weichen,“ denn die Dampflokomotive war billiger und schneller als der „Hafermotor“. Wir erfahren vom Übergang vom Handwerk der „Wanderziegler“ mit ihren Feldbrandöfen zur industriellen Fertigung, die durch die Erfindung des „Immerbrandofens“ 1858 erst möglich wurde. Ab dieser Zeit verschlangen die vielen neuen Zechen Unmengen von Ziegeln für ihre Anlagen und gründeten dafür eigene Ziegeleien. Nach dem 1. Weltkrieg dienten sogar städtische Ziegeleien der Bekämpfung der Wohnungsnot. Neben technische Aspekte stehen auch soziale Themen wie Gesundheit und Umwelt im Fokus. Von „Zieglerkrankheiten“ ist die Rede, darunter Rheuma, Lungen- und Brustfellentzündungen sowie Wurmkrankheiten. Bis in die 1950er Jahre blieb die Ziegelherstellung teilweise körperliche Schwerstarbeit. Nicht von ungefähr gab es früher im Ruhrgebiet den Spruch „Ziegelei, Zeche, Zuchthaus“, als Ausdruck für das Schlimmste, was einem Menschen widerfahren konnte. Ein Gedächtnis-Bericht von Günter Bialkowski, der 1952 als 15-jähriger Jugendlicher täglich mit dem Fahrrad zur Schicht fuhr, erzählt bildlich von der Arbeitswelt der Ziegeleiarbeiter. Informativ, unterhaltsam und kostengünstigDetailliert, kenntnisreich und reichlich bebildert, präsentieren die Hefte – das Ergebnis akribischer Recherchen – Lokalhistorie in gut lesbarer Form zu einem leicht erschwinglichen Preis. Erhältlich sind die Hefte für je nur 5 Euro vom Heimatbund direkt, oder von unseren Verkaufsstellen oder durch Bestellung auf Rechnung. Mitglieder erhalten jedes neue Heft kostenlos.
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