Wissen
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90 Jahre Heimatbund Gelsenkirchen

Kann Geschichte spannend sein?
Ja, das kann sie!

Geschichte, die so aufbereitet und dargestellt wird, dass sie zum Staunen bringt, die Verknüpfungen zu Orten, die man nur noch aus Kindertagen oder vom Hörensagen kennt, bereitstellt und so die eigene Geschichte und die der Vorfahren plötzlich wieder erfahrbar macht; Kurz gesagt: .

Geschichte in der Gegenwart sichtbar machen

Das ist die anspruchsvolle Aufgabe, der sich hier in Gelsenkirchen der Heimatbund Gelsenkirchen e.V. widmet. Die Vielfalt und der eigene Anspruch an anschaulich vermitteltes und sorgfältig recherchiertes Wissen tragen einen Großteil zum Erfolg dieses Heimatvereins bei, der sich in seiner Arbeit eben nicht auf den klassischen Diavortrag beschränkt, sondern auch Rundgänge direkt vor Ort anbietet.

Ein Heimatbund, der sich auch einem sonst völlig unbeachteten Thema wie der Geschichte der städtischen Kanalisation widmet! Bilder begleiten dann zum Beispiel einen Gang durch die Bochumer Straße, der auf alten Fotos das zeigt, was nicht mehr ist. Diese Stadtspaziergänge mit dem Augenmerk für das Besondere, das scheinbar Altbekannte und das neu Entstandene erfreuen sich reger Teilnahme.

Der Heimatbund Gelsenkirchen wurde 1927 gegründet, im Jahr vor der Zusammenlegung von Gelsenkirchen, Buer und Horst. Er konnte sich bis zum heutigen Datum erhalten und lockt mit seinen Veranstaltungen Gelsenkirchener Bürgerinnen und Bürger in die hauseigene Sammlung im Volkshaus Rotthausen, zu Vortragsabenden in die Robert-Koch-Straße 2, aber auch in ein Ückendorfer Café zur Lesung eines Romans mit lokalem Bezug.

Gründung des Vereins

Beweggründe

Der Vorstand des Heimatbundes ist in der glücklichen Lage, in der Historischen Sammlung eine Reihe von Dokumenten aus den Vereinsanfängen zur Verfügung zu haben. So hat der Gründer des Heimatbundes, Hermann Franken, in einer Notiz vom 28. Februar 1927 die Überlegungen zur Vereinsgründung festgehalten:

 
„Schon lange tragen einige mir nahe stehenden Freunde und ich mich mit dem Gedanken, für die Stadt Gelsenkirchen einen Zweigverein des „Westfälischen Heimatbundes“ ins Leben zu rufen. Keine Stadt gibt es im Westen des deutschen Reiches, welche eine so eigenartige Vorgeschichte hat wie Gelsenkirchen. Es geht ein Sehnen durch das Volk nach Wissen über Altertumskunde, Geschichtsquellen, Gewerbe, Industrie und Kultur, Erfassung des westfälischen Volksglaubens, der Sitten und Sagen, der Denkmäler alter Baukunst, der Freilegung und Pflege der Naturdenkmäler und der Volkssprachen durch Dichtung, Schule und Haus.“

Notiz Hermann Frankens vom 28. Februar 1927
 

Im Wort Heimatbund ist der Zweck der Vereinigung schon enthalten. Der Heimatbund will die Liebe zur Heimat wecken und pflegen.

Gründungsversammlung 1927

Am 28. April 1927, in der Aula des Realgymnasiums an der Hochstraße (heute Grillo-Gymnasium), fand die Gründungsversammlung des Heimatbundes statt. Eingeladen waren „Frauen und Männer aller Berufsstände“ mit der erklärten Zweckbestimmung:

 
„Geschichtliche und naturgeschichtliche Kenntnis Gelsenkirchens und seiner Umgebung zu pflegen, geologische und historische Dokumente zu sammeln und freudige Mitarbeit an der modernen Entwicklung der Stadt der gesamten Bevölkerung ins Bewusstsein zu heben.“

Aufruf zur Gründungsversammlung am 28. April 1927
 

Gründungsversammlung

Der Aufruf zur Gründungsversammlung in der Gelsenkirchener Zeitung vom 24. April 1927

Der 28. April wurde aus dem Anlass des „50. Jahrestages der Bestätigung der Stadtrechte Gelsenkirchens“ ausgewählt. Die erste Vorstandssitzung des Gelsenkirchener Heimatbundes fand im Rathaus am Machensplatz statt.

Hermann Franken sen. (*1846 — †1931), Gründer des Heimatbundes Gelsenkirchen, war Mitglied des Deutschen Reichstags, Betreiber einer Blechwarenfabrik und Zinkerei in der Grillostraße und seit 1926 Ehrenbürger der Stadt Gelsenkirchen. Er war Mitglied diverser Vereine und Verbände und gründete 1909 das Rheinisch-Westfälische Feuerwehrmuseum an der Kaiserstraße in Schalke.

Schon um 1900 hatte Hermann Franken in einem seiner Firmengebäude in der Grillostraße eine „Altertums- und Gewerbesammlung“ eingerichtet, die täglich „dem Publikum zugänglich“ war. Am 10. Januar 1928 legte Hermann Franken den Grundstein für das Heimatmuseum Gelsenkirchen im Georgshaus in der Ahstraße 1.

Am 17. Mai 1931 starb Hermann Franken. Danach führte Dr. Zurhorst die Geschicke des Vereins bis zum Jahre 1933. Dann trat Dr. Beisenherz an seine Stelle. Die Jahre 1933 bis 1945 sind leider nicht in Bild und Schrift erhalten.


Wiederaufbau — die Nachkriegsjahre

Schon im Dezember 1945 wurde mit den Vorarbeiten für den Neuaufbau des Heimatbundes begonnen. Oberbürgermeister Emil Zimmermann übernahm den Vorsitz und am 3. Februar 1946 fand die Versammlung zur Wiedereröffnung des Heimatbundes Gelsenkirchen in der Aula der Mädchen-Mittelschule, Rotthauser Straße 2, statt. 80 Personen waren dieser Einladung gefolgt. Ende Dezember 1947 hatte der Heimatbund schon wieder eine Mitgliederzahl von 87.

Nach Herrn Zimmermann folgte 1951 Herr Idelberger und im Oktober 1958 übernahm Rektor Gustav Griese den Vorsitz im Heimatbund.

Im September 1948 beabsichtigte der Heimatbund eine Jahresschrift unter dem Titel „Gelsenkirchen in alter und neuer Zeit“ herauszubringen. Für die erste Ausgabe wurde Ückendorf ausgewählt. 1949 folgten Schalke, 1950 Altstadt/Neustadt, 1951 Bulmke/Hüllen, 1952 Bismarck, 1954 Heßler und 1955 Rotthausen und als achter Band 1959 Horst.

Kurz vor dem Weihnachtsfest 1958 veröffentlichte der Heimatbund den ersten Band des vierbändigen Sammelwerkes „Geschichte Gelsenkirchens“ mit dem Titel „Dorf, Bauernschaft und Kirchenspiel in Gelsenkirchen“. Der zweite Band, „Burgen und Schlösser in Gelsenkirchen“, erschien 1960.

Im Juni 1962 verstarb Gustav Griese im Alter von 56 Jahren. Das Sammelwerk wurde nicht wie geplant zuende geführt. Lediglich der Band „Kleine Chronik einer großen Stadt“ erschien 1964. Da viele Veröffentlichungen aus seiner Feder entstammten, traf sein Tod den Heimatbund sehr. Es endete mit ihm auch die erste sehr erfolgreiche Phase der Publikationstätigkeit des Heimatbundes Gelsenkirchen.

Alte Aufnahme einer Heimatbundveranstaltung (1958). Rechts neben dem Baum steht Gustav Griese.

Rektor Drechsler übernahm 1965 den Vorsitz im Verein. Aus seiner Amtszeit liegen uns nur spärliche Informationen vor. Er trat im Frühjahr 1985 von seinem Amt zurück und verstarb bald darauf. Die Mitgliederzahl war auf unter 36 Mitglieder gesunken.

Neuer Wachstum in den 80er Jahren

Auf der Jahreshauptversammlung 1985 wurde Jürgen Dzudzek zum neuen Vorsitzenden gewählt. Es begann eine neue Phase der Vereinsentwicklung mit teilweise bis zu 30 Veranstaltungen im Jahr. Es erschien ein Sommer- und ein Winterprogramm und die Zahl der Aktivitäten wuchs.

1986 kündigte der Heimatbund weitere Publikationen an. Ferner wollte sich der Heimatbund in Zukunft um den Denkmalschutz auf den Friedhöfen widmen. Besonders dringend war der Denkmalschutz für das Mahnmal für die Opfer des großen Bergwerkunglücks im Jahre 1887, der ersten Zeche Gelsenkirchens, der Zeche Hibernia, auf dem Altstadtfriedhof.

Im März 1987 wurde das Denkmal renoviert und mit einer Gedenktafel versehen.

125 Jahre Bergwerk Consolidation, 750 Jahre Schalke

1988 bot der Heimatbund unter anderen acht Veranstaltungen zum 125jährigen Jubiläum des Bergwerks Consolidation an. Darunter auch Grubenfahrten. Mehrere Tage war der Verein stark in der Tagespresse vertreten.

Grubenfahrt

Grubenfahrt mit dem Heimatbund in den 1980er Jahren.

Seit Ende der 1970er Jahre war der Heimatbund mit seiner Sammlung im Keller der alten Berufsschule an der Rolandschule untergebracht. Die Sammlung wuchs stetig an und das Schulverwaltungsamt überließ dem Verein Ende der 1980er Jahre einen Schul-Pavillon der Grundschule an der Fürstinnenstraße.

Bereits im Jahre 1994 machte sich der Verein Gedanken zu „750 Jahre Schalke“ im Jahre 1996. Es wurde dazu Material gesammelt und ein riesiges Bürgerfest geplant. Die Veranstaltungen waren sehr gut besucht und auch die Presse brachte viele Berichte. Am 3. Dezember erschien das 512 Seiten starke Buch mit dem Titel „750 Jahre Schalke – Geschichte eines weltberühmten Stadtteils“.

Erfolgreicher Denkmalschutz

Ebenfalls im Dezember 1996 kümmerte sich der Heimatbund um den Erhalt der stillgelegten Bergwerksanlage Consolidation in Bismarck. Dort sollten alle Gebäude abgerissen werden. Der Heimatbund und das Stadtplanungsamt haben deshalb den „Initiativkreis Bergwerk Consolidation“ ins Leben gerufen.

Auch an der Rettung des Stadtwappens, welches das alte Rathaus zierte, war der Heimatbund mit einer Spendenaktion beteiligt. Es sollte im ehemaligen Hamburg-Mannheimer-Hochhaus eingemauert werden. Im Oktober des Jahre 1998 konnte das Wappen an der Fassade der Gertrud-Bäumer-Realschule wieder bestaunt werden.

Rathauswappen

Das alte Stadtwappen (vor dem Zusammenschluss mit Bier und Horst),
ursprünglich über dem Haupteingang des alten Rathauses von 1894.

[Foto: Michael Westphal / Gelsenkirchener Geschichten]
[Lizenz: CC-by-sa-3.0]

Leider musste der Raum in der Fürstinnenschule am 30. Juni 1998 geräumt werden. Der Platz wurde für die wachsende Schülerzahl benötigt. In einem Haus, in dem auch der Bürgerverein Rotthausen beheimatet war, konnte die Sammlung zwischengelagert werden.

Am 7. Januar 1999 präsentierte sich der Gelsenkirchener Heimatbund mit einem Tag der offenen Tür der Öffentlichkeit. Im historischen Volkshaus Rotthausen wurde eine neue Bleibe gefunden und ausreichend Platz für die Sammlung, deren ältestes Stück eine Urkunde aus dem Jahre 1326 ist.

Erfolgreich ins neue Millenium

Im Jahr 2000 erinnerte der Heimatbund mit vielen Führungen und Vorträgen an „125 Jahre Stadtrecht Gelsenkirchen“.

Seinen 75sten Geburtstag feierte der Heimatbund Gelsenkirchen am 27. April 2002. Dazu wurde die Geschichte des Heimatbundes erarbeitet und heraus kam eine informative Schriftensammlung. Gefeiert wurde in kleinem Kreis, es fehlte das Geld zu mehr.

Das Volkshaus Rotthausen entwickelte sich im November 2002 zu einer wahren historischen Fundgrube. Neben dem Stadtteilarchiv Rotthausen und dem Heimatbund Gelsenkirchen entstand die Bergbausammlung, die nach einigen Jahren in die Belforter Straße 20 zog, wo man sie heute noch findet.

Oldtimer beim Tag der offenen Tür

Seit 1999 hat der Heimatbund sein neues Domizil im Volkshaus Rotthausen.
Oldtimer beim Tag der offenen Tür.

Ab dem Jahre 2009 lenkte Andreas Pörschke für vier Jahre die Geschicke des Vereins. 2013 wurde der jetzige Vorsitzende Volker Bruckmann zum Vorsitzenden gewählt und ist damit seit 1927 der 10. Vorsitzende des Gelsenkirchener Heimatbundes. Mit ihm nahm die Mitgliederzahl wieder zu. Viele Aktivitäten und auch ein informativeres und farbiges Programm trugen dazu bei.

Volker Bruckmann beim Spaziergang durch die Neustadt.

Zukunft des Vereins

Auch nach neun Jahrzehnten wechselvoller Geschichte freut sich der Heimatbund über reges Interesse in der Öffentlichkeit und ist für die Zukunft gut aufgestellt.

Im August 2014 nahm der Heimatbund die aus dem 50er Jahren des letzten Jahrhunderts so erfolgreiche Reihe „Gelsenkirchen in alter und neuer Zeit“ wieder auf. Das erste Heft hatte den Titel „Der dicke Georg“ und erzählte die Geschichte der älteste Glocke Gelsenkirchens. Seitdem erscheinen neue Titel etwa viermal im Jahr. Weitere Themen sind stets in Vorbereitung.

Einen Überblick über alle bisher erschienen Hefte finden Sie hier. Die Hefte sind zum Preis von nur 5,00 € beim Heimatbund erhältlich. Neben dem Stadtteilarchiv und der Bergbausammlung in Rotthausen, sind die Buchhandlungen Junius in der Altstadt und Kottmann in Buer sowie die Stadt- und Touristinfo im Hans-Sachs-Haus weitere Bezugsquellen.

Mit diesem Ergebnis sorgfältiger Recherche, leisten die Hefte einen wichtigen Beitrag zum allgemeinen Verständnis für die Geschichte unserer Stadt. Informativ, unterhaltsam und reichlich bebildert zu einem günstigen Preis, hat die Heftreihe große Beliebtheit gewonnen.

Auch das stets bunt gefächerte Veranstaltungsprogramm findet weiterhin großen Anklang in der Bevölkerung. Farbige Prospekte werden in allen Volksbank- und Sparkassenfilialen sowie etlichen Apotheken, Büchereien, Buchhandlungen u. ä. ausgelegt. Termine werden auch in der Presse bekanntgemacht. Die Veranstaltungen behandeln vielfältige Themen rund um Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft der Stadt.

Der 90ste Geburtstag wurde am 1. Juli 2017 gefeiert. Zum Tag der offenen Tür wurden alle Mitglieder, Interessierte und Menschen mit Neugier auf die eigene Heimat eingeladen.

Die Historische Sammlung wird stetig ausgebaut und erweitert und sie ist jeden Dienstag von 17.00 bis 19.00 Uhr und auch nach Absprache für Interessierte geöffnet.

Ins digitale Zeitalter

Auch in der digitalen Welt ist der Heimatbund präsent und nutzt die Synergie-Effekte des Internets. Um Mitglieder und andere Interessenten besser und schneller zu informieren betreiben wir unseren eigenen Webauftritt heimatbund-gelsenkirchen.de und einen E-Mail-Newsletter. Das soziale Netzwerk Facebook öffnet neue Möglichkeiten des Dialogs mit unseren Mitgliedern und dem weiteren Publikum.

Facebook-Seite des Heimatbunds

Die Facebook-Seite des Heimatbunds
facebook.com/Heimatbund.GE

Alle Veranstaltungstermine werden dort avisiert und Informationen zu den diversesten Themen regelmäßig gepostet. Facebook-Nutzer können sich automatisch per E-Mail über alle neuen Einträge benachrichtigen lassen.

Durch ihre Mitgliedschaft in diversen Arbeitskreisen und Dachverbände wollen der Heimatbund Gelsenkirchen und seine befreundeten Vereine die Vernetzung auf persönlicher und institutioneller Ebene vorantreiben. Auch die Verlinkung der Websites soll den Austausch von Informationen fördern.

Die Website des Heimatbundes Gelsenkirchen ist durch
zahlreichen Links mit anderen Organisationen verknüpft.
heimatbund-gelsenkirchen.de/links.html

Die Bestände unserer Historische Sammlung sowie der Archive und Artefakte der Bergbausammlung Rotthausen sind systematisch mittels PC registriert. Im nächsten Schritt sollen diese digitale Dateien in einer Datenbank zusammengefügt und zur Online-Recherche ins Internet portiert werden. Dieses Vorhaben ist allerdings von den nötigen Fördergeldern bzw. Sponsoring abhängig.