Burkhard Nowak und Karlheinz Rabas
HAUS LEITHE
Die Geschichte einer ‚Ritterburg‘ und ihrer Umgebung
September 2022

Das neue Heft entstand unter dem Eindruck des drohenden völligen Zerfalls eines der wertvollsten Baudenkmäler Gelsenkirchens aus vorindustrieller Zeit: Haus Leithe am Junkerweg in der Neustadt – das älteste und auch wohl bedeutendste profane Baudenkmal in Gelsenkirchen südlich des Kanals.

Burgen und Schlösser waren über viele Jahrhunderte fast staatstragend und prägten unsere unmittelbare Heimat wie auch ganz Deutschland und Europa. Sie waren und sind Ausdruck kultureller Identität. Verblieben sind in Gelsenkirchen lediglich vier: Schloss Berge, Schloss Horst, Haus Lüttinghof und Haus Leithe. Diese historischen Baudenkmäler werden heute sinnvoll genutzt und sind dabei prinzipiell der Öffentlichkeit zugänglich. Bis auf Haus Leithe: Dem droht aktuell der Verfall.

Der gegenwärtige Zustand des gesamten Ensembles kann nur als ‚erbärmlich‘ bezeichnet werden. Entgegen den Bestimmungen des Denkmalschutzgesetzes nur unzureichend geschützt, sind die Bauten durch Brandstiftung und Schmierereien gezeichnet.

Die klassische Wasserburg Haus Leithe

Als Stammsitz der Ritter von Leithe im 13./14. Jahrhundert errichtet, ist die Wasserburg heute das, was man als eine klassische ‚Ritterburg‘ bezeichnen kann: Herrenhaus, Wassergraben und Toreinfahrt mit Zinnen und einem, wenn ach stark verwitterten, Wappen über dem Rundbogen.

Seine Blütezeit hatte der Rittersitz Leithe im 14. Jahrhundert. Das Haupthaus wurde in der jetzigen Form 1565 errichtet, der Torbogen wurde 1753 fertig gestellt und 1860 mit einer Zinnenkrone aufgestockt.

Die Heribert-Kapelle

Ausdrücklich belegt ist die Wasserburg erst 1365/66, als eine Hauskapelle auf der ‚Garteninsel‘ des Rittersitzes errichtete wurde, umflossen vom System der Gräfte rund um Haus Leithe und dessen Mühle. Reste der Kapelle sind heute noch untertägig erhalten und als Bodendenkmal geschutzt.

Die Bokermühle

Angrenzend an Haus Leithe wurde, wohl schon im 13. Jahrhundert, eine Öl- und Getreidemühle angelegt. Sie war für die umliegenden Bauerschaften die Bannmühle, auf der das Korn gemahlen werden musste. Durch bergbauliche Einwirkungen im 19./20. Jahrhundert versiegte das Wasser und damit auch die Antriebskraft für die Wassermühle, die letztlich 1929 abgerissen wurde.

Die historischen Rollen der Großbauerschaft Leithe und von Haus Leithe

Die Geschichte Leithes geht weit in die Vergangenheit zurück – bis in die Zeit Karls des Großen. Der Herrensitz hatte seinen Ursprung vermutlich in einer sächsischen Grenzfestung im 8. Jahrhundert. Absolute Sicherheit gibt es aber nicht.

Die Leither Gegend stand von jeher unter dem Zeichen von Konflikten, zwischen Sachsen und Franken, die für lange Zeit auch kriegerisch ausgetragen wurden, später zwischen Rheinland und Westfalen allgemein und speziell zwischen dem Stift Essen und der Grafschaft Mark.

Leithe liegt in einem ‚Dreiländereck‘: Wo heute gleich drei Regierungsbezirken (Münster, Düsseldorf und Arnsberg) und drei Städten (Gelsenkirchen, Essen und Bochum) zusammentreffen, war schon zu Urzeiten ein Grenzbereich. Der Leither Bach und der Schwarzbach (früher auch Schwarzer Mühlenbach genannt) markieren seit vielen Jahrhunderten eine Trennlinie zwischen Herrschaftsgebieten.

Schon im 10. Jahrhundert wurde der Leither Bach als Grenze bestimmt. 1815 wurde er als Grenze zwischen Rheinland und Westfalen festgelegt und trennt bis heute ‚Rheinisch‘ Leithe von ‚Westfälisch‘ Leithe (in Essen bzw. Wattenscheid).

Informatives Lesevergnügen

Die Autoren stellen klar die Bedeutsamkeit dieses Herrensitzes seit über tausend Jahren. Sie erzählen die wechselvolle Geschichte der einzelnen Bauten, der verschiedenen Eigentümerfamilien, deren Besitzungen und machtpolitischen Verhältnisse.

Fachbegriffe werden durch knappe Fußnoten verständlich gemacht, während historische Hintergründe und Zusammenhänge in kurzen Exkursen leicht verständlich erläutert werden.

Die Autoren haben ein Fundus an historischen Dokumenten und Werke früherer Historiker ausgewertet und werfen somit Licht in die dunkle Vergangenheit. Sie liefern dem Leser nicht nur ein informatives Lesevergnügen, sondern auch eine beispielhafte Aufarbeitung des Themas.

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